OSP-Leiter Christian Pöhler: „Es gilt, sportlergerecht zu denken.“

Christian Pöhler trägt in Sachen Nachwuchsförderung im Leistungssport in Sachsen große Verantwortung. Er ist Leiter des Olympiastützpunkt Sachsen e.V. und damit Schirmherr der Leistungssport-Trainingsstätten im Freistaat. Er erzählt von den Stärken des Sportwissenschaftsstudiums seinerzeit in Leipzig und weshalb die Ausbildung ausgerechnet heute essentiell für den zukünftigen Leistungssport in Sachsen ist.

Christian Pöhler – Leiter des Olympiastützpunktes Sachsen Fotorechte: OSP Sachsen/Kristina Hornaff

Christian Pöhler studierte 1999 bis 2005 den Diplomstudiengang Sportwissenschaft an der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Die Entscheidung für das Studium in Leipzig sei ihm nicht schwergefallen: „Es ging nur um Leipzig oder Köln [Deutsche Sporthochschule Köln; Anm. d. Red.]. Und wenn man wie ich in Sachsen aufwächst, dann erübrigt sich die Option Köln. Leipzig war auch klar Nummer Eins, weil es gerade für den Trainerberuf damals schon eine der angesehensten Ausbildungen weltweit war“. Im Hauptstudium wählte er zwei Schwerpunkte – zum einen den Leistungssport und zum anderen den Freizeit-, Präventions- und Fitnesssport.
Insbesondere für den Leistungssportbereich sieht er die Stärken des damaligen Studiums in der Kooperation mit dem SC DHfK. Allein durch die Breite der Sportangebote konnte die Ausbildung eine große Vielfalt anbieten. Die Studierenden wurden in vielen Sportarten praxisnah ausgebildet und „darüber hinaus war es für uns eine gute Grundlage, um weiterzukommen“, sagt der heutige Leiter des Olympiastützpunktes (OSP) Sachsen. Für zukünftige Tätigkeiten in der Praxis wie Fußball- oder Schwimmtrainer*in sei das Studium sehr gut angelegt gewesen.

Christian Pöhler startete früh in die Laufbahn als Handballtrainer: „Anfänglich habe ich in Zwickau und Leipzig Nachwuchsteams trainiert und bin dann mit 22 Jahren Co-Trainer beim SV Concordia Delitzsch in der 2. Bundesliga geworden“. Als Cheftrainer im Herrenbereich machte er sich in Bernburg (Sachsen-Anhalt) und beim HC Elbflorenz Dresden einen Namen. Letzteren führte er in seiner dreijährigen Amtszeit bis 2019 in die zweite Handball-Bundesliga. Nach fast zwei Jahrzehnten als Handballtrainer wollte sich Christian Pöhler neuen Aufgaben stellen und ist seit November 2022 im Management-Bereich als Leiter des OSP Sachsen tätig. In dieser Position trägt er „eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe: Wir wollen die Athleten auf dem Weg zu ihren Zielen bestmöglich unterstützen“.

Für Studierende, die später einem ähnlichen Beruf wie Christian Pöhler nachgehen möchten, könne auch das Sportwissenschaftsstudium eine Perspektive bieten. Durch die verschiedenen Module gibt es im Bachelor- und Masterstudium noch mehr Möglichkeiten, Schwerpunkte zu setzen. Grundsätzlich brauche es dafür „sehr viel Praxiswissen und auch eine Erfahrung im Leistungssport ist relevant“, sagt Christian Pöhler.

Es gelte, „sich ständig weiterzubilden und auch sportlergerecht zu denken. Eben nicht nur, aus der Management-Schiene die Zahlen abzugleichen“.

Christian Pöhler

In seinem Arbeitsalltag sieht er sich mit Fragen konfrontiert wie: „Was braucht ein Athlet? Was braucht vor allem auch ein Trainer, um bei Olympischen Spielen Medaillen zu erringen?“.

Eine Thematik, die sowohl die Sportwissenschaftliche Fakultät als auch das Arbeitsfeld von Christian Pöhler als Leiter des OSP Sachsen verbindet, ist die Suche nach neuen gut ausgebildeten Trainer*innen für die Standorte des OSP Sachsen. An den Trainingsstützpunkten braucht es sehr gutes Personal für die Leichtathletik oder den Rudersport, um Top-Talente hervorbringen zu können. Die Betreuenden kamen in der Vergangenheit insbesondere aus den Reihen der Leipziger Ausbildungsstätte und eine Fortführung dieses Werdegangs ist erstrebenswert. Jedoch vermitteln Verantwortliche in der Branche nicht das Gefühl, „dass aktuell aus der ehemaligen Trainerschmiede DHfK adäquater Nachwuchs erwächst“, so Christian Pöhler. Da stelle man sich „die große Quizfrage, ob wir noch auf Weltniveau unterwegs sind oder eben nicht mehr“. Nicht ohne Grund konnte sich die DHfK auch außerhalb Deutschlands einen Namen machen: „Wenn du ins Ausland gefahren bist und gesagt hast, du bist DHfK-Absolvent – dann haben die Augen geleuchtet im Leistungssport. Und dieses Label scheint im Moment zu verblassen“. Die Folgen einer in der Qualität sinkenden Lehre würden mittel- und langfristig negative Auswirkungen auf die Qualität der Trainingseinheiten am Olympiastützpunkt Sachsen bedeuten. Den Grund für die steigende Relevanz der Problematik ist Christian Pöhler zufolge nicht schwer zu ermitteln: „Wir wissen, dass bei uns viele absolute Spitzentrainer in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Das sind alles Trainer, die an der DHfK ausgebildet worden sind und entsprechend auch auf Weltniveau Spitzenleistung produziert haben“. Man scheint mit Ungewissheit auf die Nachfolge so mancher leer werdenden Stelle zu blicken.

Infobox: Die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) in Leipzig war in der DDR das Zentrum für die Ausbildung von Trainer*innen für den Leistungssport-Nachwuchs. Ab 1950 wurden mit starker finanzieller Unterstützung moderne Trainingsstätten erbaut, um bei Olympischen Spielen sehr gute Resultate zu erbringen. Bei den Olympischen Spielen 1972 erreichte die DDR im Medaillenspiegel den dritten Platz hinter der Sowjetunion und den USA und mit der Zeit weltweite Anerkennung. Die DHfK wurde nach der Wiedervereinigung 1990 abgewickelt und ein Großteil der Mitarbeitenden entlassen. Danach begann der Aufbau der Sportwissenschaftlichen Fakultät mit neu entwickelten Lehrplänen und veränderter Struktur. 1993 wurde die Sportwissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig, wie sie heute existiert, gegründet. Der SC DHfK wurde 1954 als DHfK-ergänzender Verein gegründet und besteht bis heute.

Ob es für Christian Pöhler beruflich noch einmal in Richtung des Handballtrainers gehen wird, kann er nicht sagen. „Nach meinen Erfahrungen der letzten Jahre soll man niemals nie sagen. Der Start am OSP war vielversprechend, es gibt eine Menge spannender Themen zu bearbeiten. Ich werde aber meine deutsche und europäische Trainerlizenz trotzdem regelmäßig verlängern“.

Der SPORTAKUS bedankt sich bei Christian Pöhler für die Einblicke in seinen Werdegang und sein Berufsleben. Wir dürfen verraten, dass ein Folgeartikel noch mehr spannende Themen des Olympiastützpunkt Sachsen bereithält.

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